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Die Villa der bunten Glasbausteine

06/2012

Status: Das Gebäude ist seit dem 2. Juli 2012 nicht mehr existent.


Über das Objekt ...

Buchstäblich in letzter Sekunde konnte ich in diesem alten Wohnhaus noch eine Fotosession vollenden. Dank einer Info des zuständigen Ortsvorstehers der Gemeinde wurde ich überhaupt erst darauf aufmerksam.

Es geht um ein leer stehendes, marodes Einzelgebäude. Direkt am Ortseingang befand es sich, und es war die einzige noch verbliebene Altlast in unmittelbarer Nähe zu einem modernen Neubau, einer in dieser Art einmaligen Wellness-Freizeitanlage. Ende August 2012 soll hier der Regelbetrieb aufgenommen werden.

Die 3 zugehörigen Garagen fielen bereits dem Bagger zum Opfer.

Als ich Ende Juni 2012 eine Erkundungstour startete, traf ich auf die Bauleitung, die sich in der unteren Etage ein Büro eingerichtet hatte. Nach kurzer Vorstellung bekam ich rasch die Einverständnis für eine fotografische Erkundung des Gebäudes, dass unmittelbar vor dem Abriss stand. So kam ich wie zuvor abgesprochen in den frühen Abendstunden des 27. Juni 2012 zum Gebäude. Die Bauleitung wusste nicht, ob die oberen Etagen überhaupt zugänglich waren, da nur das Erdgeschoss genutzt wurde.

Doch es stand alles offen, und so inspizierte ich das dreistöckige Gebäude erst in aller Ruhe, bevor ich mit den Aufnahmen begann.

Der Innenbereich

Hier und da fanden sich restliche, vergessene Möbelstücke und Einrichtungsgegenstände. Der Zahn der Zeit nagte deutlich an den teilweise feuchten Wänden. Auf den uralten, welligen Teppichen zeugten tiefe Eindruckstellen, dass sich hier über Jahrzehnte Gegenstände an der gleichen Stelle befanden. Überall erkannte ich das Werk der Feuchtigkeit, die das meiste Holz in den Räumen verformt hatte. Der Rest eines riesigen Wandschrankes in einem Wohnzimmer wurde vom Holzwurm in Teilen gewissenhaft "bearbeitet".

Zum Ausbauen der Stromzähler war wohl noch keine Zeit gewesen. Das Haus wurde jedoch per "Luftleitung" für das Erdgeschoss im Bereich der Bauleitung mit Strom versorgt. Erstaunlicher Weise funktionierten in allen Etagen die Türöffner noch, trotz abgestelltem Strom.

Eine farbige Überraschung wartete in der ausgebauten Dachgeschoss-Wohnung auf mich. Hier gab es viele kleine, verwinkelte Räume, die mich an Studentenwohnungen erinnerten. Hier ging es bunt zu, die Wände waren in grellem Gelb und Orange gestrichen, die Küche sogar in Lila! Den Zustand dieses Stockwerks konnte man durchaus noch als bewohnbar bezeichnen.

Der Zeitspanne des Leerstandes gab mir zunächst Rätsel auf. Ich fand Wandkalender der Jahre 1998 sowie zahlreiche Zeitungen von 2001. Auf einem Fensterbrett fand ich einen Brief an einen Bewohner aus dem Jahr 2011. Angesichts des vielen Staubes, der wirklich auffällig war und der zahlreichen Spinnweben hätte ich auf viele Jahre Leerstand getippt. Dennoch ist das Mobiliar erst kürzlich, nach jahrelangem Leerstand,  entsorgt worden. Im Treppenhaus befand sich in Höhe jeder Etage, gewissermaßen als Lichthof, je eine große Wand aus bunten Glasbausteinen, was unweigerlich den Charme der 50er- und 60er Jahre verströmte.

In der untersten Etage, in der sich die Bauleitung ein Büro nebst Präsentations-Raum einrichtete, konnte ich anhand der großflächig ausgehängten Planzeichnung das Bauvorhaben genau studieren. Sogar ein Landschaftsmodell wurde eigens zu Darstellungszwecken maßstabsgetreu hergestellt.

Der Außenbereich

Wildwuchs hatte sich im Außenbereich bereits über alle Treppen und Zugänge bis ans Haus massiv ausgebreitet. Im Keller drückten sich die Pflanzen  an manchen Stellen durch das marode Mauerwerk! Hier drang in einigen Räumen Wasser ungehindert ein. Links neben dem Eingang befand sich eine Garage. Bedingt durch die fast vollständige Überwucherung durch allerlei Gewächs konnte dieser Anbau fast nicht mehr als solcher erkannt werden und war nicht mehr zugänglich - ob sich da noch ein Oldtimer drin befand?

Ich beendete meine Fototour mit einem Rundgang um das Haus. Anfang Juli 2012 wird das Anwesen verschwunden sein. Es wird eine Freizeit-Außenanlage auf dem Gelände errichtet, die als Park der Wellness-Anlage fest eingeplant ist. Der kleine Ort verliert einen auffälligen Blickpunkt, den man als Autofahrer auf jeden Fall am Ortseingang passieren muss.

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Update 26. August 2012:

Auf dem Gelände der ehemaligen Villa  wurde nach deren nur einen Tag dauerndem Abbruch ein kleiner Kreisverkehr gebaut. Auf dem verbliebenen Platz soll eine Parkanlage errichtet werden.

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Ergänzender Hinweis: Die Baustelle wurde mit ausdrücklicher Genehmigung der Bauleitung betreten!


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