Mein Erlebnis- und Stimmungsbericht

der Mondfinsternis vom

November 2003

Alle Angaben in MEZ Ortszeit

 


Beobachtungsort: Bexbach (Klein-Ottweiler), Staatsforst Leimenkaut im östlichen Saarland nahe Homburg

Beobachtungszeitraum: 8.11. ab 22.30 - 4.30 Uhr (9.11.03)

Wetterkonditionen: Klarer Himmel mit Schleierwolken im schnellen Wechsel, Temperatur 2-6°C, Luftfeuchte bei ca. 75%, zeitweise windstill oder leichter Ostwind

Beobachtungs- und Fotoausrüstung:

● Meade-4"-Refraktor als Leitrohr auf Gemini-10-Nachführung und Russentonne fokal (1000 mm)auf Aufnahmeinstrument; Kamera Canon EOS50 mit Spiegelvorauslösung und Auslösung über IR-Fernbedienung, Filmmaterial Fuji Pro Via F100 Color-Diafilm

● Olympus Digitalkamera C3020 in maximaler Brennweite (144 bei KB-Technik)

● Sony CCD-TRV 57 Hi8-Videokamera als Diktiergerät

● Praktika SLR M42+35mm Weitwinkelobjektiv zum Anfertigen einer Mon-Trail-Aufnahme

Mitbeobachter: Markus Weirich und Georg Jacoby


 

...so habe ich das Jahreshighlight Nr. 5 erlebt...

Das ist ernüchternd. Nach dem guten Tagesstart mit blauem Himmel sehe ich auf der Heimfahrt von der Arbeit, wie die Sonne schließlich gegen eine geschlossene Wolkendecke verloren hat. Es ist bedeckt im Saarland. Noch gut 8 Stunden bis zur Mondfinsternis. Wieder einmal die gleiche Situation vor einem großen event.

Im Internet zeigen Webcams mit Blick auf verschiedene Städte in Deutschland wie Mainz, Köln Stuttgart  überall einen bedeckten Himmel. Das bestätigt der Satellitenfilm und das Regenradar. Letzteres kündigt leichten Regen am Abend für die Region Kaiserslautern an. So weit so schlecht. Schließlich belade ich den PKW mit der Ausrüstung für die kommende Nacht.

Mein Blick wechselt zwischen Fenster und dem PC-Monitor. Als ich gegen 19.00 Uhr mit HGW aus Höxter telefoniere, mogelt sich die Vollmondscheibe etwas widerspenstig durch die Wolkendecke. Da isser ja! Und er bleibt auch. Die Wolken lösen sich nach und nach vollständig auf.

Manfred Haberstroh beobachtet dieses Mal alleine in Mainz, wo er an diesem Wochenende unterwegs ist. Das besondere an der kommenden Finsternis ist der Umstand, dass es heute zu einer Telefonkonferenz mit Beobachtern an 3 Standorten kommt. Das traditionelle Telefonat mit Halle hat es ja schon immer bei events gegeben.

Um 21.00 Uhr treffe ich mich mit 2 neuen Astrobekanntschaften Markus und Georg in Bexbach. Sie lotsen mich zu einem mir neuen Spechtelplatz, der für dieses Vorhaben wirklich nicht schlecht ausschaut. Über eine Schotterpiste geht es trotz der Nähe zu Homburg in ein recht entlegenes Gebiet. Stadtlichter sind nicht direkt auszumachen, lediglich das Kraftwerk St. Barbara in Bexbach ist zum Teil erkennbar. Der Ostwind des Tages hat sich fast gänzlich gelegt. Das Gelände ist für die Beobachtung in Süd-Südost-Richtung bestens geeignet, und die angrenzenden Bäume sind ein guter Windschutz. Der Mars strebt schon dem Südwest-Horizont entgegen.

Ich bin mächtig aufgeregt während des Aufbaus der Geräte, denn scheinbar spielt die obere Etage mit. Nur hin und wieder blocken kleine Cirrus-Wölkchen den Mond ein wenig ab. Doch sie ziehen rasend schnell vorbei und sind harmlos. Das Gelände wird vom hoch stehenden Mond wie von einem Scheinwerfer angestrahlt, ich brauche nicht einmal die Kopflampe.

Da meldet sich Manfred aus Mainz mit der schlechten Nachricht, dass er den Mond wegen starker Bewölkung kaum sehen kann. Ganz anders ist es, als sich Marc Weihrauch aus Halle/Saale meldet: Alles bestens im Osten der Republik. Es erscheint ihm fast zu perfekt, und er hegt Zweifel an dieser Wetter-Stabilität.

Unbemerkt für unsere Augen taucht der Mond um 23.15 in den Halbschatten der Erde ein. Es ändert sich scheinbar nichts. Der nicht vorhandene Wind läßt die 6°C erträglich wirken. Um 23.50 bemerken wir den Einfluß des Kernschattens. Deutlich im TFT der Videokamera, aber auch mit freiem Auge zu erkennen ist ein leichter Grauschleier in der 11-Uhr-Position des Mondes.

Zwischenzeitlich ist Manfred happy; an seinem Standort ist es völlig aufgeklart und die Sicht zum Mond ist uneingeschränkt frei. Die einzige Störung sind hier diverse Skybeamer. Die Kommunikation zwischen den 3 Orten klappt prima. Mit Marc unterhalte ich mich über die Eigenheiten des Mondes im Halbschatten.

0.31 Uhr. Es hat eindeutig angefangen. Eine graue, rundliche Beule ist am Mondrand erkennbar. Die Finsternis verläuft recht gemütlich Im 10x50 Fernglas kann ich bei längerer Beobachtung den Fortschritt erkennen. Noch bleibt die Landschaft rings in grelles Licht getaucht. Aber der Belichtungsmesser der Kamera (Spotmessung auf Mondscheibe) sagt etwas anderes. Etwas abseits von unserem Platz starte ich die sog. Star-Trail-Aufnahme. Sie soll die ganze Finsternis auf einem Weitwinkel-Foto als Linie zeigen.

Um 1.50 Uhr, rund 15 Minuten vor der Totalität, erkenne ich deutlich die rostbraune Färbung der bereits verfinsterten Mondkugel. Die Belichtungszeiten liegen nun schon über 2 Sekunden. Es ist nicht mehr weit bis zum Mars-Polkappeneffekt. Als stünde der rote Planet an Stelle des Mondes, so scheint dann die perfekte Himmelssimulation. Gerade bin ich an der Digitalkamera beschäftigt, als ich mit Schrecken nach Süden blicke: Da rollt, schneller als ich schauen kann, eine Wolkenwand mit High-Speed heran. Was nun? Die Wolken bedecken den fast bedeckten Mond, er schaut nur noch aus Lücken heraus. So ein Mist.

 

Diese Bilder sind mit der Olympus C3020 + Telekonverter 1,4 aufgenommen. Zusätzlich ist das digitale Zoom eingesetzt, was für Aufnahmen dieser Art nicht erheblich nachteilig ist.

Das bleibt leider so, doch gottseidank ergeben sich immer wieder großzügige Lücken, die für Langzeitbelichtungen mit der Russentonne reichen. Zu allem Überfluss muss ich kurz vor der Totalität das Teleskop "umschlagen", denn es hat ein Stativbein erreicht. Das ist schnell erledigt, und dann präsentiert sich mir zu Totalitätsbeginn im Sucher der Kamera ein einfach traumhafter Anblick: In der 7-Uhr-Position des Mondes zeigt sich ein hauchfeiner Rest Sonnenlicht. Die Mondoberfläche sieht grau-rot aus. Mit bloßen Auge ist das Schauspiel noch beeindruckender. Denn wie erwartet, ergibt sich eine relativ helle Finsternis. Sehr hell sogar. Und wunderschön. Orangerot überzieht den Mond. Der linke, untere Rand scheint eine gelbweiße Sichel darzustellen.

Das ist höchst interessant. Der Übergang vom 2. zum 3. Kontakt ist irgendwie fließend. Zu keinem Zeitpunkt erscheint der Mond völlig verfinstert. Naja, aus gutem Grund, denn immerhin taucht der Mond gerade so in den Kernschatten ein. Meiner Ansicht nach die hellste meiner 4 Mondfinsternisse, die ich bisher sehen konnte. Ein optischer Hochgenuß. Etwas getrübt durch die Wolken, die hin und wieder für blackouts sorgen.

Dramatisch wölbt sich der schwarze teilbewölkte Sternenhimmel über unsl. Rund um den Mond zeigen sich die Sterne des Widders und des Stieres. Auch die Milchstraße versteckt sich nicht länger.

Durch Anklicken der Bilder öffnet sich eine vergrößerte Ansicht in neuem Fenster

 

Mir bleibt genügend Zeit für Aufnahmen mit der Russentonne. Ich versuche um 2.20 Uhr eine Belichtung von 60 Sekunden Dauer.

Die von mir beschriebene innere, scheinbare Sichel des Mondes wird sehr langsam wieder dicker. Das orangerot des Mondes ist noch nicht gewichen. Immerhin sagt auch das SWR1-Radioprogramm etwas zur Finsternis. Der an der Sache ziemlich uninteressierte Moderator läßt Anrufer zu Wort kommen, die selbst beobachten können. Ein Anrufer fragt, in welche Richtung er denn schauen müsse. Andere wiederum beschreiben sehr schön, was sich uns selbst vor Augen bietet. Aber es ist offenbar auch so, dass etliche Orte in Baden-Würtemberg clouded out sind. Wir arbeiten dagegen mit kleineren und größeren Wolkenlücken.

Um 3.40 ist der geheimnisvolle, rötliche Schatten allmählich nicht mehr zu sehen. Die Finsternis schwindet, wir sehen die partielle Phase. Manfred und Marc berichten mir von ihrer erfolgreichen und wolkenfreien Sichtung, und wir tauschen die Erlebnisse aus. Hochzufrieden beende ich das Fotoprogramm um 4.00 Uhr, als nur noch ein kleines Eckchen des Mondes im Kernschatten der Erde liegt. Der Tau ist nicht so schlimm wie sonst, was offenbar durch den leichten Wind begünstigt wird.

Während dem Abbau der Geräte denke ich schon an die nächste Finsternis am 4. Mai 2004, die äußerst knapp über dem Horizont beginnen wird. Ich verabschiede mich von meinen Mitbeobachtern, es war ein spannender Morgen, der sich gelohnt hat.