Die totale Mondfinsternis vom 21. Januar 2000 -

Eins ist besser als keins!

TLE 2000


Nach dem grossen Spektakel der totalen Sonnenfinsternis im August 1999 ist nun der Januar 2000 wieder ein Monat mit einem besonderen Naturereignis. Dieses Mal wandert der Mond durch den Kernschatten der Erde. Somit erhält er für über eine Stunde kein direktes Sonnenlicht, und es kommt zu einer totalen Mondfinsternis. Obwohl diese Verdunkelung nicht so farbenprächtig wie bei der TSE ausfällt, ist es dennoch Grund genug für mich, die entsprechenden Vorbereitungen zur Beobachtung zu treffen.

Am 21. Januar 2000 wird es in den frühen Morgenstunden soweit sein. Klares Wetter vorausgesetzt, lässt sich die Finsternis in ihrem kompletten Verlauf von 04.01 Uhr bis 07.26 Uhr verfolgen. Also keine hektischen 2 Minütchen, sondern ausreichend Zeit zum Betrachten und Fotografieren. Letzteres wird auch in diesem Fall mit einem Arsenal an Gerätschaften stattfinden, und zwar auf Video, auf Negativfilm und auf digitalem Trägermaterial.

 

Zunächst eine Übersicht der Kontaktzeiten in Mitteleuropa für den

21. Januar 2000

 

03.04 : 1. Kontakt: Eintritt des Mondes in den Halbschatten der Erde. Dieses

             Ereignis ist für einen Beobachter auf der Erde prinzipiell unbeobachtbar.

              

04.01 : 2. Kontakt: Eintritt des Mondes in die Kernschattenzone. Auf der Erde

             sieht man, wie sich das blasse Gesicht des Mondes am östlichen Rand

             beginnt, zu verdunkeln. Aufgrund der kreisförmigen Verdunkelung der

             definitive Beweis, dass die Erde keine Scheibe ist J.

 

05.04 : 3. Kontakt: Kein Sonnenlicht erreicht mehr die Mondoberfläche. Die

              Totalität hat begonnen. Auf dem Mond sicher sehr beeindruckend, denn

               der Rotanteil des Sonnenlichtes ist in der Erdatmosphäre sichtbar, hier

               beginnt jetzt eine totale Sonnenfinsternis, während die Erdbewohner nun bemerken,

               dass sich der Mond allmählich rötlich färbt.

 

06.22 : 4. Kontakt: Totalitätsende, die ersten Sonnenstrahlen erreichen wieder

               die Mondoberfläche, wo die Temperaturen von 135° C auf etwa 90° C

               gefallen sind. Wieder beginnt eine partielle Phase, und zwar bis:

 

7.26 : 5. Kontakt: Das Schauspiel ist quasi vorbei. Der Mond zeigt wieder sein

           gewohnt fahles Gesicht. Allerdings durchläuft der Erdtrabant nun noch die

           Halbschattenzone der Erde, und zwar noch bis:

 

8.24 : 6. Kontakt: Diese Phase bleibt gleich doppelt unbeobachtbar. Zum einen,

           da der Helligkeitsunterschied kaum wahrnehmbar ist. Und ausserdem ist

           der Vollmond um ca. 08.15 Uhr bei uns schon unter dem Horizont ver-

           schwunden.

 

So bleibt mir nichts anderes übrig, als zur frühesten Morgenstunde aufzustehen, und den Kaffee etwas stärker als sonst zuzubereiten. Alles im Interesse der Astronomie. Wegen des großen Glückes, gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort bei der totalen Sonnenfinsternis am 11.08.1999 gewesen zu sein, entschließe ich mich, nochmals nach Hambach zu fahren. Zwar ist dies keinesfalls zwingend erforderlich für die Sichtbarkeit, dennoch möchte ich das Glück ein zweites Mal herausfordern.

 

Der Januar beginnt mit Katastrophenwetter. Ein Wolkenband löst das andere ab. Nicht die geringste Chance, ein Fleckchen blauen Himmel zu sehen. Da nützt auch die neu erstandene „Russentonne“ nicht viel, wenn der Blick nach oben versperrt bleibt. Und so kommt es, dass die Wetterämter die Chancen für eine Sichtbarkeit der Mofi mit nur 5% für Deutschland ansetzen.

 

Zwischenzeitlich steht die Beobachtungsausrüstung fest :

  -Sony DCR TRV 110 Digital8. Videokamera mit seitlichem Monitor. Für astronomische Aufnahmen steht eigens ein Belichtungsprogramm zur Verfügung, die Helligkeit ist leicht manuell steuerbar. 800.000  Pixel.

  -Sony Mavica F83. Digital-Foto-Kamera mit Monitor und Speicherung auf herkömmliche 3.5“ Disketten. Auch hier existiert ein Programm für Naturaufnahmen. Der Autofokus kann abgeschaltet werden, und damit ist es einen Versuch wert, die MoFi-tauglichkeit der Kamera zu testen. 1 Mio. Pixel.

  -Canon EOS50 E + 1000mmObjektiv“Russentonne“. Ein Leckerbissen in dieser Kombination und mein Hauptaugenmerk. Auslösung der Kamera durch Fernbedienung verhindert sehr effektiv Verwacklungseffekte. Die Kamera verschwindet regelrecht hinter dem großen Objektiv. 400 und 800ASA-Filme möchte ich einsetzen. 

In den Tagen vor der Verfinsterung des Mondes scheint es, dass die Wetterfrösche recht behalten. Für ganz Deutschland wird an diesem Freitag ein komplett bedeckter Himmel erwartet. Somit schraube ich meine Erwartungen bzgl. Sichtbarkeit wieder herunter und hoffe, wenigstens aufgelockerte Bewölkung zu haben.

Es stimmt wirklich:

Klima ist, was man erwartet, und Wetter ist, was man bekommt 

Am Abend vor Freitag gleicht unser Esszimmertisch eher einem kleinen Fotoladen. Ich bereite die komplette Ausrüstung vor, und halte alles für den nächtlichen Frühstart bereit. Aus dem Fenster schaue ich nicht, ich will gar nicht wissen, wie bedeckt es tatsächlich ist. Die Temperatur beträgt 5° C, das ist noch einigermaßen erträglich für die Arbeiten im freien. Dennoch möchte ich erfrorenen Händen mit dünnen Stoffhandschuhen entgegenwirken. Zu meinem „Care“-Paket gehört auch eine Thermoskanne mit Tee. Die Belichtungszeitentabelle schaue ich mir auch noch einmal an, und lege eine Block bereit, um mir die verwendeten Belichtungszeiten aufzuschreiben. Dann kann ich eventuelle Fehler bei der nächsten TLE am 09. Januar 2001 ausbügeln .

Licht und Belichtung ist eine heikle Angelegenheit bei einer Mondfinsternis. Lässt sich der Vollmond mit recht passablen Werten von 1/300 s – 1/500 s belichten, sieht das bei einer Verfinsterung recht düster   ( welch’ Wortspiel ) aus. Für die partielle Phase empfiehlt sich noch 1/100 s bis 1/50 s. Brauchbare Fotos kurz vor der Totalität sollten schon 1-10 Sekunden belichtet werden, und in der Mitte des Kernschattens werden gar 5-25 Sekunden notwendig sein. Alle erwähnten Werte gelten bereits für einen 400ASA-Film. Ohne die motorische Nachführung der Kamera sind sekundenlange Belichtungen jedoch ein schwieriges Unterfangen.

Und so gilt es, einen gesunden Kompromiss aus ausreichender Bildschärfe und genügendem Detailreichtum zu finden. 2 Sekunden ist die obere Schallgrenze für „unverschmierte“ Fotos.

Viel zu früh, aber dennoch im Rahmen der Planung beginnt der Freitag um 2.00 Uhr morgens mit dem Verfluchen des Radioweckers. Ein flüchtiger Blick gen „oben“ verheißt nichts gutes. Nach kurzen Extrem-Früh-Stück lade ich die Kameras samt Ausrüstung in’s Auto. Es ist 3.45 Uhr, als ich nach Frankreich aufbreche. In den verschiedenen Radioprogrammen ist die Finsternis ( noch ) kein Thema. Kein Mensch ist unterwegs, kein Vergleich zur Anreisewelle im August. Naja, diese unchristliche Zeit ist nicht jedermanns Sache.

Das Firmament wird von einer geschlossenen Wolkendecke beherrscht. Keine Chance und keinen Hinweis auf baldige Änderung. Das passt zu dem Wetterbericht im Radio. Lediglich für Norddeutschland wird aufgelockerte Bewölkung gemeldet. Und ich bin ausgerechnet auf dem Weg in Richtung Süden... Um 3.40 am „Finsternisort“ bei Hambach angekommen, kann ich nur feststellen, dass es hier genau so trostlos aussieht wie zuhause. Geduldig hoffe ich auf Wetterumschwung, als um 4.02 Uhr der Mond über den Wolken in den Kernschatten der Erde eintritt. An diesem Morgen überträgt der SR das Nachtprogramm des Bayerischen Rundfunks. Und der wiederum berichtet von der Berliner Sternwarte. Hier ist die Szenerie durch Wolkenlücken zu sehen, die Bilder werden in’s Internet gestellt.

Zum Totalitätsbeginn um 5.04 Uhr ändert sich überhaupt nichts; jedenfalls nicht an meinem Beobachtungsort. Die Dörfer ringsum liegen weiterhin im Tiefschlaf, und die gelegentlich vorbeifahrenden Frühschichtler wundern sich über den im Feld geparkten PKW mit dem Neunkircher Kennzeichen. So verlasse ich diesen Ort, der mir dieses Mal kein Glück gebracht hat. Die Filme bleiben unbelichtet, lediglich einen kleinen Report spreche ich auf das Videoband, im Hintergrund das schnarchende Woustviller und ein einsamer Baum. Über die A 1 fahre ich wieder in Richtung Heimat, dennoch versperren überall dicke Wolken die Sicht zum roten Mond. Es ist windig, die Temperatur in Hambach betrug konstant +2.5° C, und hin und wieder fällt der eine oder andere Regentropfen.

Die Autobahn verlasse ich eine Ausfahrt weiter in Tholey, da sich die Wolkenformationen verändern. Gegen 5.50 Uhr, als die Totalitätsmitte bereits um 6 Minuten überschritten ist, parke ich auf einer Anhöhe nahe der Autobahn. Dennoch Fehlalarm: Es ist nichts zu erahnen von der Mondfinsternis. Ich beschließe, nach Eppelborn zurückzufahren, und dort auf einem hohen Berg nochmals mein Glück zu versuchen. Jetzt ist es schon 6.10 Uhr. Mittlerweile sendet auch der SR sein eigenes Programm, und fordert Hörer auf, beim Sender anzurufen, falls jemand einen roten Mond zu sehen bekommt. Doch scheint das ganze Saarland in Wolken gehüllt zu sein. Nichts ist nirgendwo zu sehen. 6.15 Uhr auf einem hoch gelegenen Feld bei Eppelborn. In 7 Minuten geht die totale Phase zu Ende. Ich rechne nicht mehr mit irgendwelchen Aufnahmen, geschweige denn mit besserem Wetter, als plötzlich ein Stern durch die Wolken hindurchblinkt. Ja tatsächlich, die Wolkendecke verdünnt sich stellenweise.

ABER  dann,

urplötzlich in der fraglichen Richtung, leuchtet ein orangefarbener Mond aus einem Wolkenloch hervor! Es ist nicht zu fassen. Schnell nehme ich die Videokamera aus dem Wagen, und filme freihand. Zum Aufbauen des Statives bleibt keine Zeit. So gelingt mir um 6.20 doch noch eine Videoaufnahme des verfinsterten Mondes. Allerdings ist am östlichen Rand des orangefarbenen Mondes schon das erste Sonnenlicht zu erkennen. Ein fremdartiger Anblick.  

Ein Foto aus der 1-Minuten-Sequenz der Videokamera. 

Doch die Freude ist nicht von langer Dauer. 1 Minute später verschleiern Wolkenfetzen den rötlichen Mond, und die Vorstellung ist erst einmal zu Ende, die Lücke verschließt sich wieder. Hastig montiere ich die Russentonne mit der EOS 50 auf ein Stativ und hoffe, vielleicht doch noch ein paar Bilder machen zu können.

Hier und da folgen tatsächlich ein paar Wolkenlücken, jedoch an der falschen Himmelsrichtung. Einmal reicht es noch für die Silhouette des Mondes, aber nicht zum fotografieren. So belasse ich nur noch die Videokamera in Bereitschaft. 1 Minute ist alles, was von der Finsternis zu sehen ist. Um 7.00 Uhr macht sich bereits die Morgendämmerung bemerkbar. Um 7.26 ist das kosmische Schauspiel endgültig vorbei, der Mond hat den Kernschatten der Erde wieder unbemerkt verlassen.  

Eine magere Ausbeute an Dokumentation ist das kurze Video in der Tat, leider ist der Vorbereitungsaufwand dieses Mal nicht besonders belohnt worden. Wobei das Wolkenchaos durchaus kalkulierbar, weil angekündigt, wurde. Glücklicher sind die Beobachter nördlich einer Linie, die etwa von Hamburg bis Berlin verläuft. Aber für eine Nonstop-Beobachtung war das Wetter hier ebenfalls nicht gut genug. So bleibt die Möglichkeit, am 09. Januar 2001 bessere Sichtbedingungen zur nächsten TLE zu bekommen, wieder durchaus offen. Die Mondfinsternis vom 16. Juni 2000 entgeht uns, weil der Mond unter dem Horizont steht.