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Das Kurhaus an der alten Mühle

10/2012

Status: Ungenutztes Anwesen mit 3 verbundenen Gebäuden, künftiger Einsatz ungewiss (10/2012)

 Schäden durch Witterungseinflüsse 2.5/5 Vandalismus 0/5 Spannung 2.5/5 Gesamterlebnis 3/5 (interessant)

Meine Urbexbewertung:1= Zustand überhaupt nicht ausgeprägt, 5= Zustand ausgesprochen ausgeprägt


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Über das Objekt:

1. Zur Lage des Objekts:

Unauffällig, und ganz am Ortsrand einer kleinen Gemeinde liegt dieser aus 3 völlig unterschiedlichen Einzelgebäuden bestehende, vielfach erweiterte Komplex in einer ruhigen, ländlichen Umgebung.

Alte und neue Bauten sind verbunden. Einst waren Mütter mit ihren Kindern hier untergebracht und verlebten glückliche Stunden. Kinderlachen ist hinter diesen Mauern jedoch schon lange verstummt. Hoch gewachsene Bäume umrahmen die verlassenen Bauten. Durch regelmäßige Landschaftspflege auf dem Gelände kommt es nicht zu  unkontrolliertem Wildwuchs. Deshalb fällt der gesamte Komplex nicht sofort als Lost Place auf.

 

2. Geschichte des Objekts:

Die frühesten Anfänge allen Handelns hier gehen auf das Jahr 1900 zurück, als das Haus von privater Seite aus eingerichtet wurde. Seit den 1930er Jahren kamen über die evangelische Frauenhilfe zahlreiche Gäste in diesem als Kurheim genutzten Gebäude unter. Durch bauliche Erweiterungen in der Folge wuchs der Komplex. Seit den 1960er Jahren konnten Mutter-Kind-Kuren durchgeführt werden. Nach zahlreichen, wirtschaftlich erfolgreichen Jahren, die auch Ergänzungen wie z.B. ein Schwimmbad und einen Erweiterungsbau mit sich brachten, folgte 1992 fast die Schließung des Anwesens! Dank eines neuen Investors konnte der Betrieb weiter gehen. Zunächst.

1994 folgte die Einrichtung eines Kindergartens mit 4 Gruppen, später dann gab es den Neubau der Turnhalle, eines Speisesaales und eines Ruheraumes. Die endgültige Schließung war Ende 2001 nicht mehr abzuwenden. Eine allerletzte, sinnvolle Nutzung erfuhr das Gebäude bis ins Jahr 2004, nachdem es als Hotel für Mitarbeiter der Montanindustrie verwendet wurde. Seither blieb es ungenutzt - bis heute, im Oktober 2012, sind es 8 Jahre.

 

3. Der Innenbereich heute:

Nach Rücksprache traf ich mich mit dem zuständigen Technischen Leiter zu einer Foto- und Besichtigungs-Tour vor Ort. Wir betraten zuerst den neueren, linken Trakt des Hauses, der mit seinen ehemaligen Übernachtungsräumen heute  hauptsächlich als Lager genutzt wurde. An den Wänden waren zahlreiche Zeichnungen bekannter Kinder-Figuren zu sehen. Hier hatte der Zahn der Zeit nur wenige Spuren hinterlassen, lediglich die teilmöblierten Zimmer wirkten alt eingerichtet.

Spannender wurde es für mich, als wir durch den gläsernen Steg zum alten Haupthaus gelangten. Bereits auf den unteren Etagen bemerkte ich fleckige Decken und Wände, sowie wellige Holzfußböden im Bereich der Rezeption. Die schier endlosen Gänge machten es schwierig, die Orientierung zu behalten. Im Keller sah ich das ehemalige Schwimmbad nebst einer Sauna. Dies alles fristete ein recht trübes Dasein und muss zu Nutzungszeiten sehr gemütlich gewesen sein. Die Küche wurde in einem gereinigten Zustand verlassen, wenngleich sie jetzt als Lagerort für ausgediente Uralt-PCs dient. Ich entdeckte einen imposanten Wandschrank mit fein säuberlich eingeräumten Geschirr. Zum Nachdenken führten die verbliebenen Gästebücher, die wahre Lobeshymnen zahlloser Besucher enthielten. Die Kinder, von denen manche Einträge stammten, sind heute junge Erwachsene.

Je weiter ich bei meiner Erkundungstour durch das völlig stumme Haus voran kam, umso mehr erkannte ich massive Wasserschäden in einigen Räumen - aber nicht generell. Hier und da standen Behälter zum Auffangen des Tropfwassers. Durch das undichte Dach sickerte das Wasser vorrangig in das oberste Stockwerk und ließ in manchen Räumen schon die Wände schimmeln, bis sich der Putz und die Tapeten ablösten. Wie fast immer, betraf das in der Hauptsache die Wetterseite. Vereinzelt lösten sich Deckenelemente.

Die Rollläden fast aller Zimmer fand ich herabgelassen vor. In den halbdunklen Zimmern standen noch die Betten, und durch die darauf befindliche Bettwäsche sah es manchmal so aus, als hätte sich gerade eben noch jemand darin befunden. Im ehemaligen Kapellenraum beleuchteten die liebevoll gestalteten und unbeschädigten Mosaikfenster den davor befindlichen Gang in einem mystischen, dunkelrotem Licht. Der Technikraum des Fahrstuhlschachtes im Obergeschoss barg eine kuriose Ansicht: Die Aufbauten hier erinnerten mich eher an eine zu groß geratene, alte Nähmaschine denn an den Seilzug der still gelegten Aufzug-Kabine. Nach und nach erfasste ich die Räumlichkeiten und die langen Gänge der Etagen und verstand deren labyrinthartigen Verlauf untereinander. Der TV-Raum sah auf den ersten Blick unbeschadet aus, aber verdeckt hinter einer Gardine blieb mir das Werk von Feuchtigkeit und Kälte nicht verborgen. Der Putz hier begann, an einer Stelle zu bröckeln.

Die vielen bunten Wandbilder mit lustigen Kindermotiven wirkten subtil lebhaft, als wollten sie sich mit aller Gewalt gegen den Verfall und die leblose Umgebung wehren.

Unweit des Aufenthaltsraumes entdeckte ich den Aufgang zum Dachgeschoss. Die uralte Holztreppe knirschte und knackte beim Hochgehen. Hier oben fand ich kleinere Räume vor mit allerlei alten Möbeln und 70er-Jahre-Technik. Eine alte Tür ließ sich nur ein kleines Stück öffnen. Als ich den zweiten Eingang des gleichen Raumes von der anderen Seite betrat sah ich mit Entsetzen weshalb die Tür blockierte: Über Jahre hatte hier ein Marder oder ähnliches Getier seine Hinterlassenschaften zu einem unfassbar großen Haufen aufgetürmt!

Das rustikale Herz des Hauses war ganz klar der Rezeptionsbereich. Eine Treppe in dunklem Holz führte vom oberen Stockwerk direkt hierher. In gleichem Farbton fügte sich die große Standuhr ein, die schon vor Jahren die letzte Stunde geschlagen hatte. Auch der angrenzende Speisesaal zeigte im Frontbereich deutlich die Spuren fließenden Wassers an der teils ruinierten Decke. Dieser Raum bekam einst einen Anbau, und so gab's kurioser Weise innerhalb des Zimmers eine zusätzliche Wand mit Fenstern, die seinerzeit einfach verblieb. Sie bildeten früher einmal die ursprüngliche Außenwand.

 

4. Der Außenbereich heute:

Keines der 3 Gebäude machte äußerlich einen verwahrlosten Zustand. Lediglich am alten Hauptgebäude begannen sich frontseitig die seitlichen Dachschindeln zu lösen. Hinter dem Haus zauberte der begonnene Herbst in den zahlreichen Bäumen ein wahres Feuerwerk der bunten Farben.

Der Leerstand ist äußerst bedauerlich. 8 Jahre Nicht-Nutzung haben ihre Spuren nahezu überall hinterlassen. Feuchtigkeit, Rost und Schimmel sind die größten Probleme, und dies einmal ganz abgesehen von dringend nötigen Modernisierungsarbeiten. Die komplette Instandsetzung ist eine Herkulesaufgabe.

Nach ca. 4 Stunden beendete ich meine fotografische Exkursion in die Vergangenheit und konnte mehr Stimmungen als zunächst vermutet aufnehmen. Das Wetter zeigte sich bewölkt, aber es regnete nicht. Die Sonne blieb meist hinter Wolken  verborgen, womit es keine extremen Licht-Schattenspiele gab. Bleibt zu hoffen, dass sich bald ein neuer Investor mit der richtigen Idee findet.

Derzeit ist es "eine Immobilie mit Potenzial", wie der Makler sagen würde...

 

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