Beobachtungsbericht Nr.8/ 17.+18. August 2002

Die Nacht von Asteroid C/2002 NY 40

Knapp daneben ist auch vorbei!

17. auf 18. August 2002

UPDATE 25. AUGUST 2002: Die Bilder der Nacht - Hier klicken


Beo-Ort : Braunshausen/Saarland, Nacht vom 17.+18.08.2002, von 21.30 Uhr MESZ bis 04.00 MESZ

Beo-Instrumente/Fototechnik : Meade 4" Refraktor mit SLR und diversen Brennweiten (135+200mm), M42-SLR mit 20+50mm und stehender Kamera auf Berlebach-Holzstativ, 10" Meade-Dobson, 10x50 Fernglas.

Beobachter : Alexander Birkner und Manfred Haberstroh

Wetter : Minimale Schleierwolken im S, Luftfeuchte >80%, Temperaturen fallend von 21°-13°C, gegen Mitternacht aufkommender, stärkerer Wind aus Ost mit Einfluss auf Aufnahmegeräte.

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Es gehört schon eine Portion Glück dazu, 3 Tage in Folge brauchbares Spechtelwetter zu haben. Und auch heute klappt es ganz gut. Während meiner Fahrt nach Braunshausen kann ich Venus sehen, wie sie gerade in die rötlichen Horizontschichten eintaucht und der Sonne folgt. 

In dieser Nacht wird der Asteroid NY 40 also in Windeseile an der Erde vorüberfliegen und ihr auf etwa 560 TKM nahekommen. Das ist in kosmischen Maßstäben vergleichsweise gering. Die Mondbahn liegt bis zu 422 TKM von der Erde entfernt. Dennoch trifft er unseren blauen Planeten gottlob nicht, und wird bald in den Tiefen des Sonnensystems verschwunden sein. Der kleine Brocken ist schwärzer als Kohle und reflektiert entsprechend kaum Sonnenlicht. Trotzdem kann man seine Bewegung am Nachthimmel gut verfolgen, die Helligkeit liegt bei etwa +9mag. Auf dieser Karte ist der Verlauf nochmals zu sehen.

Manfred ist schon betriebsfertig, was seine Kameras angeht. Nach der gestrigen Enttäuschung hoffen wir auch, heute endlich Komet Hönig zu finden. 3 langgezogene Schleierwolken ziehen aus südlicher Richtung über den Mond hinweg, die Luftfeuchtigkeit ist bei 85%. Mit meinem schwerpunktmässigen Fotoprogramm hoffe ich, NY40 später als Linie auf den Aufnahmen zu sehen. Um das zu erreichen, führe ich ein 135mm-Objektiv auf den fraglichen Himmelsbereich jeweils 20 Minuten nach. Als Film verwende ich einen Fuji ProVia F 1600ASA. Trotz der Empfindlichkeit ist das Filmkorn etwa der einem 800er Film gleichzusetzen. Jedenfalls war ich mit früheren Ergebnissen schon zufrieden. 

Und dann steht da noch eine zweite SLR mit einem 200-ASA Fuji Superia ohne Nachführung. Nach meiner Überlegung sollte sich auch bei nicht-nachgeführter Kamera die Bahn des Asteroiden als Abweichung von den sonst üblichen Strichspuren abheben. Objektiv ist 50mm, die Belichtung beträgt bis zu 45 Minuten. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Nachdem ich den Refraktor aufgebaut habe, gehts an's Einscheinern. Zu meiner Überraschung sehe ich, dass sich der eingestellte Leitstern im Fadenkreuz so wohl fühlt, dass er gar nicht mehr rausläuft. Bingo! Kein weiteres Einscheinern nötig. Und dass, obwohl ich den Polsucher in eine geschätzte Position auf Polaris justiert habe. Diese Zeitersparnis nutze ich, um mit dem Dobson ein wenig spazierenzuspechteln. Das Mondlicht stört schon gewaltig, und für Objekte wie NY40 ist es noch nicht dunkel genug. Aber der Hantelnebel ist mein neues Lieblingsobjekt, den ich schnell wiederfinde. Mit 80facher Vergrösserung heute abend ein Augenschmaus. Die Luft scheint ruhiger als gestern zu sein. 

Um 0.30 Uhr MESZ suche ich mit dem 10x50-Bino langsam den Bereich um Hönig ab. Er hat sich seit gestern ein Stückchen weiter in Richtung Canis Minor bewegt. Nichts zu machen. Ich erkenne ihn trotz Geduld einfach nicht. Letzte Hoffnung ist das Dobson. Mit 44facher Vergrösserung gehe ich mit dem 10"-Lichteimer in das Zielgebiet. Startpunkt ist der Polarstern. Vom Karkoschka-.Sternenatlas weiss ich, in diesem Gebiet auf keine Galaxien zu treffen und Hönig evtl. zu verwechseln. Dann endlich steht er urplötzlich vor mir : Hönig ist gefunden! Auf den ersten Blick sieht der verwaschene Fleck tatsächlich wie eine Galaxie aus. Aber Irrtum ist ausgeschlossen. Ikeya-Zhang hat vor dem Ende seiner Sichtbarkeit ähnlich ausgesehen. Der Kern ist von einer unregelmässig geformten Koma umgeben. Einen eindeutigen Schweif kann ich nicht erkennen, wahrscheinlich ist der Blickwinkel von der Erde genau in den Schweif hineingerichtet. Naja, das ist also ein rd. 8mag heller Komet. Sicher irre ich mich, doch mir kommt es so vor, als sei der Kern in 2 Teile gesplittet. 

Enttäuschung auch bei Manfred, denn wir beide haben uns visuell mehr vom derzeitigen König der Kometen vorgestellt. Es ist nicht zu ändern. Schliesslich ist der Mond nun um 01.30 kurz vor dem Untergehen, und die Fotosession für deepsky samt NY40 ist damit eröffnet. Ich starte die erste Aufnahme mit der M42-SLR und dem 135mm Objektiv, nachdem ich mir einen passenden Leitstern rausgefischt habe. 20 Minuten zeigt der Timer. Objekt ist die Andromeda-Galaxie, die ich anschliessend auch noch mit 200mm und 20 Minuten auf Film festhalte.

Korrekturen an der Nachführung während der Aufnahme sind nicht erforderlich, der Leitstern bleibt beharrlich in seinem Quadrat und ich kann mir zwischenzeitlich den Verlauf der Milchstrasse ansehen. Mit dem Fernglas betrachte ich den Ort um NY 40. Albireo ist eine gute Hilfe zum Auffinden. Und hier entdecke ich den sagenumwogenen Kleiderbügel, der den ganzen Sichtbereich des Fernglases füllt. Eine sehr auffällige Sternenkonstellation, die definitiv ihren Namen verdient. Meine Langzeitbelichtung wird jäh gestört durch ein heranrasendes Auto mit Fernlicht, dass sich hierher verirrt hat. Schon der zweite Nerv, der stört.

Leider sehe ich NY40 nicht direkt, aber ich mache 3 Aufnahmen mit je 20 Minuten Belichtung von seinem Pfad. Nach dieser Stunde ziele ich auf Hönig, den ich 15 Minuten auf's Korn nehme. Der Wind hat kräftig zugelegt und bringt den Leitstern zum Flattern. Eine Aufnahme muss ich abbrechen.

Die Plejaden steigen am Osthimmel hoch und strahlen mit ihrem bläulichen Glanz. Auch hier belichte ich 20 Minuten auf den 1600er-Fuji-Film. Ganz langsam setzt schon die astronomische Dämmerung ein. Manfred erreicht schliesslich einen toten Punkt will allmählich einpacken. Die Müdigkeit hat gesiegt. Auch er hat mit seinem sog. Astrofrust, einer selbstgebauten Konstruktion zum händischen Nachführen bis zu 15 Minuten, etliche Aufnahmen vom Gebiet um Hönig und NY 40 angefertigt. Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis dieser Fotonacht. Die Zwillinge mit den Vorreitern Kastor und Pollux erheben sich über den Horizont. Unweit links davon befindet sich ein weiterer Komet mit Namen C/2002 O6 Swan. Bevor Manfred heimfährt, sehen wir uns noch gemeinsam Saturn an, der schon deutlich über dem Horizont nahe Aldebaran im Stier steht. Das Ringsystem ist, wie meistens, fantastisch. Gerade momentan ist es dank seiner weiten Öffnung gut von der Erde zu beobachten. Doch die Luft ist in diesem Gebiet sehr unruhig, entsprechend verschwommen kommt das Saturnbild im Dobs. 

Nun bin ich alleine mit meiner Ausrüstung. Mit dem neuen Filterring schraube ich die Olympus C3020-Digitalkamera direkt an den Refraktor und verwende das 25mm-Okular im Kameraadapter. Saturn erscheint im LC-Display klar und deutlich. Mit Selbstauslöser mache ich meine erste digitale Aufnahme durch den Vierzöller. Nicht sensationell, aber die erste eben!

Saturn am 19.08.2002 mit C3020

Die zweite Spechtelnacht in Folge fordert ihren Tribut. Ich bin müde und muss noch den ganzen Kram auseinander schrauben und in's Auto packen. Einerseits bin ich zufrieden, dass die Technik mitgespielt hat, zum anderen würde ich die Filme am liebsten gleich in ein Labor bringen und bin furchtbar neugierig. Das Ergebnis werde ich erst am 21. August in meinen Händen halten. Und dann hier veröffentlichen.

Um 4.30 Uhr fahre ich weg, und auf dem Heimweg sehe ich, wie Orion fast vollständig aufgegangen ist. Das passt zur Kälte; 12 kühle Grad sind es noch wegen dem Ostwind.

Die Auswertung der Bilder dieser Spechtelnacht:

Die Haupt-Objekte der Nacht waren schwierig zu beobachten und sind auch auf den Bildern kaum nachweisbar. So zeigen die 45minütigen Strichspur-Aufnahmen, sowie die 20-Minuten-Nachführungen auf den Asteroiden NY 40 leider keinen eindeutigen, photographischen Nachweis. 

Aufnahme C2002/NY40

Die nebenstehende Aufnahme wurde 20 Minuten mit Nachführung durch ein 200mm-Objektiv bei Blende 4 auf einen Fuji ProViaF-1600-ASA-Diafilm angefertigt. Aufnahmezeitpunkt 01:30 MESZ. Leider hat starker Wind an der Montierung während der Aufnahmedauer gerüttelt, und die Sterne zeigen Springspuren. Ob es sich bei einem der Striche in den Kästen tatsächlich um NY 40 handelt, darf eher bezweifelt werden. Bitte beachten, dass dieses Bild eine lange Ladezeit beansprucht.

 

 
Aufnahme C2002 O4

Auf diesem Bild ist mir der Nachweis von Komet Hönig gerade mal so gelungen. Das Original-Dia zeigt einen türkis-grünlichen Farbklecks, der völlig unauffällig inmitten des Lichtermeeres steht. Nur durch die Farbe verrät er sich. Hier der Vergleich zu Ikeya-Zhang.

Das Bild wurde am 18. August 2002 auf einen 1600-ASA-Fuji ProVia-F Diafilm für die Dauer15 Minuten bei Blende 4 mit einem 200mm-Objektiv belichtet. Es ist ein Ausschnitt des Original-Dias. 

 
Aufnahme M31

Etwas leichter sind die Vorzeigeobjekte des nicht ganz so tiefen Himmels: Die Andromeda-Galaxie M31 zeigt sich mit 200mm und 20 Minuten Belichtung auf Fuji ProVia F 1600 ASA schon recht fotogen. Auf dem Original-Dia ist andeutungsweise der Begleiternebel M32 zu erkennen, was wegen der Komprimierung auf jpg nicht mehr gelingt.Dieses Objekt werde ich während den kommenden Spechtelnächten mit stärkerer Vergrösserung aufnehmen. 

 

 
Strichspuren 17.08.2002

Immer wieder reizvoll und ohne grossen Aufwand sind langbelichtete Strichspur-Aufnahmen. Hier sind es 30 Minuten in Richtung Norden. Am unteren Bild rand handelt es sich nicht um ein Polarlicht, sondern um aufaddiertes Fremdlicht. Hier ist ein Fuji Superia-200 ASA-Diafilm verwendet; Aufnahmezeitpunkt war gegen 23.00 Uhr MESZ.

 
 
 
Plejaden 18.08.2002

Der Vorbote des Winters ist um 03.00 Uhr MESZ schon hoch emporgestiegen. Da kein Mondlicht stört, kann ich diese Aufnahme ohne Farbeinfluss 20 Minuten auf den Fuji ProVia-F 1600 ASA-Diafilm belichten. Objektiv war wieder das 200mm-M42 mit f4.

 

 

 

Wie schon im Bericht erwähnt, sind alle diese Aufnahmen in Braunshausen entstanden.