Freitag, 30. Mai 2003

Tag E-1

- von Fjörden und Pass-Straßen -

Sunrise Höfn 03:01

Moonrise Höfn 03:07

Sunset Reydarfjördur 23:03

Moonset 22:43

Bilder können durch Anklicken vergrößert werden (neues Fenster)


Höfn - Ostfjorde - Reydarfjördur (ca. 290 km)

Trübe Aussichten, als ich nach dem Aufstehen aus dem Hotelfenster schaue. Nur in Richtung Süden ein blaues Band am Horizont, ansonsten ist es bedeckt. Nach einem kräftigen Frühstück und Check out verlassen wir Höfn. Vor uns liegt eine Zickzack-Fahrt der besonderen Art: Die Ostfjörde stehen heute, am Vortag der Finsternis, auf unserem Tourenplan.

Erst fahren wir einen übertrieben steilen Berg hinauf. Es ist der Almannaskard-Pass, der unserem kleinen Finsternismobil die Auffahrt auch im 2. Gang zur Tortur macht. Auf einer Aussichtsplattform oben gibt's einen weiten Blick in das Land hinein. Seevögel begleiten unseren Weg; sie scheinen zu tausenden in den steilen Felsen zu nisten. Von hoch oben schaut man auf die Ringstrasse und das Meer, das direkt angrenzt. Der Wind pfeift gnadenlos, es ist bitterkalt.

Es beginnt die Fahrt um die Fjörde des Ostens. Wir legen keine großen Distanzen nach Norden zurück, aber die Fjörde gehen schon mal bis mehr als 12 Kilometer in's Land. Die einzige Möglichkeit ist das Fahren entlang den endlosen Küsten. Dazwischen immer wieder Abschnitte mit Schotterpiste - die Ringstraße ist noch nicht überall geteert. Steile und schroffe Bergklippen flankieren die Strecke. Hier ist es recht trostlos. Kaum ein Fahrzeug, dass unseren Weg kreuzt. Einsamkeit pur. Ein Einkauf wird nötig im kleinen Fischerort Djupivogur. Mit grimmigem Blick bedient uns eine gelangweilt wirkende Verkäuferin, die wortlos bleibt. Eine isländische Depression, die mal nichts mit einer Landschaft zu tun hat.

Stodarfjördur und Faskrudsfjördur wollen ebenfalls langatmig umfahren werden. Auf einer Landkarte haben Manfred und ich uns vor der Reise in dieser Gegend einen Platz ausgesucht, wo es einen Leuchtturm geben muss. Der könnte eine schöne Kulisse zur Finsternis abgeben. Es handelt sich um den Küstenstrich bei Vattarnes, einem Privatgelände. Wir schauen uns um und siehe da, es gäbe direkt neben der Straße dank schräg stehender Steilfelsen einen effektiven Windschutz. Auch in Richtung Nordosten, wo die Sonne zur Zeit der Finsternis stehen wird, begrenzt nur das Meer den Horizont.

Wenige Schritte weiter zur Küste gibt es so viele windgeschützte Senken, dass wir es kaum glauben können. Ideal, um die Teleskope zur Finsternis aufzustellen, eine reizvolle Landschaft und freien Blick in die richtige Richtung. Ein orangefarbener Leuchtturm steht am Felsenstrand, wie auf der Karte richtig eingezeichnet. Das wäre der richtige Platz. Stimmen die Wetterprognosen, würden wir morgen früh hier auftauchen. Bis zum Hotel ist es nicht mehr so weit.

Reydarfjördur mit seinen 700 Einwohnern ist unser nächster Stopp für die Hotelübernachtung, aber wir schauen uns noch einen Platz an einer Schutzhütte zum Weg nach Egilsstadir an. Der ist leider untauglich, weil steile Berge den Blick nach NO völlig verhindern. In Reydarfjördur am Hotel angekommen, telefoniere ich erst mal mit Stefan Krause von Eclipse-Reisen. Es ist 16.00 Uhr. Laut seiner Info sind die Aussichten für eine Sonnenfinsternis-Beobachtung mit Aussicht auf Erfolg für den Norden bis Nordwesten der Insel prognostiziert. Diese Info bestätigt sich wenig später im Hotel, wo wir den Wetterbericht mit Sofi-Sichtchancen im TV-Programm von RUV 2 sehen. Und in der Tat herrscht hier rundum geschlossene Bewölkung vor, an den Bergen hängen Nebelfelder, die einer riesigen Zuckerwatte ähneln. Ich denke schon wieder an Essen!

Tja, die Entscheidung fällt schnell: Wir fahren nach Norden, und zwar in den nächsten Stunden. Zuvor wollen wir uns noch etwas ausruhen. Vattarnes als Sofi-Platz ist gestrichen.

Der Hotelmanager unterstützt unser Vorhaben und will uns gegen 21.30 ein Frühstücksbuffet richten. Solange versuchen wir, etwas Schlaf zu finden, aber Manfred und auch ich sind derart aufgeregt, dass uns das kaum gelingt. Gegen halb 8 machen wir uns bereit für die Fahrt nach Norden. Nieselregen hat eingesetzt, uns bleibt also nur die Flucht von hier. Beim abendlichen Frühstück mit Kaffee treffen wir ein Ehepaar aus Köln. Beide sind an der Finsternis interessiert. Doch ob wir sie in unserer Unterhaltung letztendlich dazu bewegen konnten, auch eine Flucht aus den Wolken anzutreten, bleibt offen.

Sogar ein kleines Lunchpaket hat uns der Hotelchef für den Weg zusammengestellt, und das zähle ich zu dem sog. Finsternis-Service, der scheinbar in allen Ländern funktioniert. (Anmerkung: Zur Sofi in Sambia 01 wurde mir Trinkwasser ans Teleskop gebracht, zur Sofi 02 im Kruger-Park war es eine Tasse Kaffee.) Wunderbare Sache, das mit dem Service geht weltweit!

Um 21.30 Uhr hat nun die Jagd auf die Finsternis begonnen. Bei leichtem Nieselregen verlassen wir Reydarfjördur in Richtung Egilsstadir. In den Bergen bei Fagridalur die totale Waschküche. Kaum 30 Meter beträgt die Sicht, der Scheibenwischer läuft. Doch das unglaubliche wird wahr. Als wir in Egilsstadir ankommen und die Berge im Rücken liegen, sehen wir das Blau des Himmels! Großzügige Lücken, die mehr und mehr aufreissen. Doch wir wissen, dass wir weiter nach Norden müssen, um in die prognostizierte 50/50-Zone zu kommen. Ich halte Akureyri, oder ein sogar noch nördlicheres Ziel im Hinterkopf. Das wird von der Wolkenbildung abhängen. Eine möglicherweise lange Fahrt liegt vor uns.

Im Hochland vor dem Myvatn bei Grimsstadir wollen wir uns umsehen. Das sind noch gut und gerne 150 km Fahrt. Grandios wird die Wüstenlandschaft von der tief stehenden Abendsonne beschienen. Kein Baum weit und breit zu sehen, nur felsige und schroffe Berghänge begleiten uns auf unserem Weg zur Finsternis. Wir sind in völlig unbewohntem Gebiet. Doch ein Hauch von Zivilisation dann bei Skjoldolfsstadir. Eine einzelne und einsame Shell-Zapfsäule an der Straße. Das ist ein Foto wert. Gegenüber ein Gehöft, es wirkt wie ausgestorben.

Die Stimmung ist faszinierend. Wir kennen nicht unser genaues Ziel. Die Sonne steht unter dem Horizont und beleuchtet ein paar Horizontwölkchen in einem magischen rosarot. Gelblich weiss leuchten die Straßenmarkierungen bis zum Horizont, die von unserem Yahris angestrahlt werden. Das alles inmitten einer schroffen Vulkanlandschaft, die im Dämmerlicht etwas Furchterregendes ausstrahlt. Hier und da ein hoher Berggipfel am Horizont. In Richtung Nordosten ist der Himmel fast völlig aufgeklart, die Sofi wäre jetzt wunderbar zu beobachten. Doch es sind noch ein paar Stunden bis zum kosmischen date.

<<<<< Beim Samstag geht die Geschichte weiter - wir fahren in den neuen Tag hinein!