ASE 2005 - Meine Reise zur ringförmigen Sonnenfinsternis in Tunesien

Mittwoch, 05. Oktober 2005

Reisetag 6/8, Finsternistag E +2


Eine Insel ohne Berge und der Beginn der Fastenzeit!


 

Der grüne Blitz

vom Sonntag scheint der einzige auf dieser Reise zu bleiben. Die Morgensonne beschließt, hinter Wolken über dem Meer aufzugehen und enttäuscht Conni, Manfred und mich. Doch wir bekommen trotzdem ein paar schöne Motive, als ein paar Fischerboote ausfahren und die Sonne hier und da zwischen Wolkenlücken hervorspitzt.

 

Mars

ist sogar noch hoch im Westen zu finden, trotz aufgegangener Sonne! Wenn man seine Position kennt, ist er gut zu sehen. Nach dem Frühstück wartet Abdul  bereits auf Conni und mich zu einer weiteren Erkundungsfahrt durch das Umland. Er will uns heute etwas zeigen, was es gar nicht gibt! Und tatsächlich. Auf einer großen, unendlich planen Ebene nahe dem Meer demonstriert er uns die Fata Morgana. Einmal hinhocken - schauen - aufstehen - Blickfeld nach links verschieben - und schon sind da Himmelsfarben, die es in der Hocke nicht gegeben hat. Meine Erfahrung mit Visionen auf isländischen, ebenen Straßen ist mir trotzdem eindringlicher in Erinnerung.

 

Abdul

fährt uns vor eine Mauer und hält plötzlich. Was gibt es hier schon zu entdecken? Da ein paar Touris hier herumlaufen, muss da ja etwas sein! Hinter der Mauer erstreckt sich, soweit das Auge reicht, ein Auffangbecken zur Salzgewinnung. Die rosarote Färbung macht das ganze sehenswert. Mineralien werden ausgefällt, und unter der dünnen Wasserschicht sind die weißen Salzablagerungen zu sehen. Wie ein großer Bottich, gefüllt mit Rose-Wein! Ich lasse es mir nicht nehmen, mit nackten Füßen in das Becken zu steigen für das eine oder andere Foto. Das Salz kribbelt ein wenig, ist aber erträglich.

 

Wie fast immer,

fährt Abdul recht südländisch-sportlich. Das bringt uns im Handumdrehen zum Hafen. Hier kennen wir von unserer, wie wir es genannt haben, "Butterfahrt" mit dem Taxifahrer vom Hotel, bereits die zahllosen Tontöpfe, in denen der Thunfisch ein temporäres Zwischenlager findet. In der großen Lagerhalle am Pier wird gerade der Tagesfang an Fischbeständen verkauft. Das erinnert mich in puncto lebhafter Hektik und der Lautstärke an den Börsenmarkt. Es ist ja im Grunde nichts anderes. Ein paar Verkäufer agieren sogar spontan für ein Foto, ohne den obligaten Taler dafür zu verlangen. Gespart: 1 Dinar, der sich bestimmt auch an anderer Stelle ausgeben lässt. (1 tunesischer Dinar entspricht ungefähr 65 Euro-cent)

 

Einige Meter weiter.

Die Schiffswerft kennen wir vom Vorbeifahren beim letzten Besuch am Sonntag, als uns der Hotel-Taxifahrer kutschiert hat. Jetzt besuchen wir die Werft und bekommen einen Eindruck vom praxisnahen Schiffsbau. Die Holz-Rümpfe der Boliden stehen hier, teils durch recht rustikale Methoden abgestützt, zu Dutzenden. Es finden sich reizvolle Fotomotive, und die Bauarbeiter amüsieren sich über unser Tun. Niemand ist aufdringlich, wir dürfen alles besichtigen.

 

Zeit für eine Pause.

Im Hotel angekommen, steht das Mittags-Buffet schon bereit, und heute muss es ein tunesischer Cheeseburger an der Pool-Bar sein. Knurspel !

 

Das gilt nicht

für das Hotelpersonal. Der Fastenmonat Rammadan hat heute begonnen, und das bedeutet: Tagsüber kein Verzehr von Speisen und Getränken für die Gläubigen. Was für eine Vorstellung, den ganzen Tag in einer Küche die leckersten Speisen zuzubereiten und mit ansehen zu müssen, wie sie von den Touris verschlungen werden. Am schlimmsten ist der Durst. Was für eine Vorschrift in diesem heißen Land. Die Gläubigen dürfen erst nach Sonnenuntergang wieder schlemmen. Was dies gerade für das Ende des ersten Fastentages bedeutet, wird uns später noch sehr eindringlich demonstriert.

 

Als gläubiger Berber

muss auch Abdul sich an das Fasten halten. Trotzdem fährt er uns zu unseren Wunschzielen. Am Nachmittag begeben sich Ellen, Manfred, Conni und ich zur Hotel-Einfahrt, wo Abdul und ein Bekannter mit 2 Autos bereit steht für die Djerba-Rundfahrt. Wir kennen die Insel nur von der Nachtfahrt, als wir angekommen sind.  Nach wenigen Kilometern sehen wir jetzt die tatsächliche Breite der Straße, die vom Festland nach Djerba führt. Eine dicke Trinkwasser-Rohrleitung verläuft direkt neben der Fahrbahn und erstreckt sich die gesamten 5 km Länge des Römerdamms. Viel zu sehen gibt es hier nicht, aber es herrscht viel Betrieb auf dieser Verbindungsstraße.

 

Guellala

ist der Herkunftsort der meisten handgearbeiteten Töpferwaren, die in Erdöfen gebrannt werden. Im Unterschied zu den glasierten Töpferwaren aus Nabeul auf dem Festland sind diese Exemplare Einzelstücke. Einen kleinen Eindruck dieser traditionellen Handwerkskunst zeigt uns der kleine Berber Ali, ein lustiger Geselle. In seiner Töpferhöhle demonstriert er mit flinker Hand, wie schnell so ein Tontopf hergestellt wird. Die Wände sind mit Kunstlicht malerisch angestrahlt und man muss sich bücken, um nicht an die Decke anzustoßen. Auf dem Sandboden stehen überall zahlreiche Gefäße, jedes in anderer Form und Größe. Ali muss keine Ton-Waren an Touristen verkaufen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es würde auch viel zu lange dauern, bis das Material ausgehärtet wäre. Da jeder Tourist ein paar Dinare hinterlässt, und die Besucher im Minutentakt heranrücken, geht das Verdienen wie von selbst. Egal, die Demonstration war sehenswert, und Alis Humor ist grenzenlos und wider der Erwartung zu sein.

 

 

Die Besichtigung

des Museums von Guellala lassen wir aus, um anderenorts mehr Zeit zu haben. Vor dem Gebäude freue ich mich, endlich ein paar Sandrosen zu sehen. Die Umgebung Djerbas ist eher trostlos. Auf dem Weg nach Homt Essouk im nördlichen Teil der Insel sehen wir nur vereinzelte Gehöfte oder Berbersiedlungen. Es gibt keinerlei Erhebungen, außer einem Hügel von 60 Meter Höhe. Vor dem Erreichen des Hafens gibt es einen Zwischenstopp in Homt Essouk. Hier wird nun langsam auffällig, wie sehr der Rammadan das Verhalten der Gläubigen bestimmt. Überall sieht man Menschen mit prall gefüllten Tragetaschen oder Kartons aus den Geschäften kommen, auf dem Nachhauseweg. Am häufigsten werden Getränke gekauft; die Frauen sind zuhause mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt. Jeder rüstet sich für den Moment, wenn die Sonne untergegangen ist, also momentan um 18.30 Uhr Ortszeit. Dann darf wieder gegessen und getrunken werden.

 

Szenenwechsel

zum Hafen, den wir zunächst weitgehend menschenleer antreffen. Riesige, hölzerne Schiffe, liebevoll gestaltet und in großer Zahl säumen einen Teil des Hafenbeckens. Darin findet man auch Restaurants. Unweit der Schiffsgallerie finden wir den Hafen des "kleinen Mannes", der Fischer also. Sie legen ihre Netze zusammen, sortieren den Fang. Die Tonkrüge, die wir schon bei Zarzis gesehen haben, finden auch hier ihren Einsatz und werden mit Thunfisch gefüllt. Motive bieten sich genug, man begegnet uns außerordentlich freundlich und will auch kein Geld für Fotos.

 

 

Abdul drängt

allmählich zur Rückfahrt. Um 18.30 Uhr will er zuhause sein, wenn die Sonne untergegangen ist. Conni und ich sind mit Abduls Bekannten in einem Wagen, Manfred und Ellen fahren mit Abdul. Jetzt wird nicht mehr gefahren, sondern mit Bleifuß in Richtung Zarzis geflogen. Unser junger Freund fährt, was die Kiste hergibt und erzählt uns, dass in der Zeit vor Sonnenuntergang die meisten Unfälle geschehen. Jeder will schnell nach Hause, hat keine Zeit und Geschwindigkeiten spielen keinerlei Rolle. Einzige Notbremse sind die "Kamelbuckel" auf der Straße, um wenigstens von Zeit zu Zeit die Geschwindigkeit drosseln zu müssen.

 

Hinter dem Römerdamm

ist unsere Toleranz überstrapaziert. Mit bis zu 130km geht es durch die Ortschaften. Am Straßenrand fahren Kinder mit ihren Fahrrädern oder passieren Fußgänger die Fahrbahn. Hektik an allen Ecken. Die letzten Einkäufe werden nach Hause verfrachtet. Autofahren ist zum Risiko geworden, als die Sonne untergeht; Spazierengehen in den Straßen von Zarzis lebensgefährlich. Wir kommen trotzdem vollzählig und sicher bei Abduls Wohnung in Zarzis an.

 

Sein Haus

liegt in einer dicht besiedelten Gegend knapp abseits der Hauptstraße durch Zarzis. Wir betreten die Wohnung und befinden uns direkt im Esszimmer, dass speziell für die Gäste vorgesehen ist. Die Ausstattung ist einfach und sehr sauber gehalten. Einige Gemälde an der Wand zeigen Moscheen und Landschaftsmotive.

 

Abduls Frau

hat den ganzen Nachmittag Vorbereitungen für das gemeinsame Abendessen getroffen. Der Empfang ist freundlich, seine 3 Kinder sind aufgeregt und sehr neugierig auf den Besuch aus Deutschland. Wir alle genießen ein wirklich leckeres, landestypisches Abendessen. Neben klein geschnittenem Paprika-Salat gibt es diese leckeren, gebackenen Teigtaschen namens Bisk, frischer Fisch ist das Hauptgericht, und ein reichlich leckerer Granatapfel bildet den Nachtisch.

 

Die Kinder

haben am meisten Spaß an den mitgebrachten Luftballons. Und so geht dieser kurzweilige Abend rasch vorbei. Abdul fährt uns anschließend alle zurück in's Hotel, wir bedanken uns für seine Mühe und verabschieden uns.

 

Unser Taxifahrer

hat uns einige sehenswerte Ecken seines Landes gezeigt, und manches davon bleibt dem Pauschaltourist normalerweise verborgen. Eine echte Alternative zum Mietwagen. Abdul kann nun seiner Familie und Freunden berichten, dass 4 seltsame Touristen an 2 völlig unattraktive Orte in Tunesien wollten, nur um sich eine Sonnenfinsternis anzusehen. Und dazu noch in attraktionslosem Niemandsland. Für uns alle war die Sofi die Hauptattraktion. Zum 6. Mal für mich wurde ein völlig belangloser Platz auf unserem Planeten zu einem besonderen Ort, den ich nie vergessen werde. Hier ist es nun das Gelände hinter einer Lagerhalle.

 

Nun sind alle

Terminsachen erledigt! Bei einem gemütlichen Drink an der Pool-Bar begießen wir noch einmal unseren schönen, astronomischen Beobachtungserfolg. Der kommende Tag kann endlich mal zum Faulenzen genutzt werden. Nun, einziger Termin bleibt natürlich der Sonnenaufgang gegen 6.15 Uhr...